Blinde Protagonisten und Augenoperateure gehören bei Jean Paul zum geläufigen Romanpersonal. Sabine Eickenrodt widmet sich diesen Figuren vor dem Hintergrund der Unsterblichkeitsschriften im 18. Jahrhundert: Jean Paul stand sowohl physikotheologisch tradierten »Aussichten in die Ewigkeit« (Lavater) als auch einer moralphilosophischen Begründung der Unsterblichkeit der Seele (Kant) skeptisch gegenüber.
Ausgehend von der programmatischen Bestimmung der Poesie in der Vorschule der Ästhetik fragt die Autorin nach den poetologischen Konsequenzen von Jean Pauls sprachtheoretischen Prämissen. An der Mikrostruktur der Texte weist sie nach, daß Jean Pauls optische Metaphorik der Unsterblichkeit als modern zu gelten hat. Sein Bildfundus entstammt den populären, innovativen Wissensdiskursen des 18. Jahrhunderts: Augenheilkunde, Ballonfahrt und Chinamode entwarfen Horizonte von einer »anderen Welt«, die es in den Texten als das Undarstellbare mit dem Opaken zu verbinden galt. Die Arbeit analysiert das poetische Verfahren in ausgewählten Schriften und Romanen Jean Pauls von 1790 bis 1803 - mit einem Exkurs zum späten Selina-Fragment.
Sabine EickenrodtSabine Eickenrodt, geb. 1956, ist Privatdozentin an der FU Berlin. Publikationen u.a. zur Freundschaft im 18. Jahrhundert, zu Günderrode, Kleist, Tieck, Bobrowski, Robert Walser und Christa Wolf.
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