Die modernen Bilder vom Mittelalter sind vielgestaltig. »Dunkle Epoche der Unvernunft«, »Goldenes Zeitalter der Einheit und Ganzheit« - und heute dient das Mittelalter als historischer Erlebnisraum in Filmen, Rollenspielen oder auf Mittelaltermärkten. Ohne dieses Epochenkonstrukt ist die moderne historische Selbstdeutung nicht möglich.
Bastian Schlüter untersucht die divergierenden Bilder vom Mittelalter in einer spannungsreichen Zeit: In den intellektuellen Debatten nach dem Ersten Weltkrieg wurde einerseits die Sinnstiftungsfunktion der Geschichte in Frage gestellt. Auf der anderen Seite aber findet sich eine überbordende Fülle historischer Deutungen und Verweise. Das Mittelalter spielt dabei eine ganz besondere Rolle: Für die Moderne ist es gleichsam der nahe Spiegel und Maßstab im Gegensatz zum fernen Vorbild der Antike. Diesen »Spiegelbildern« der Moderne gilt das Interesse der Arbeit.
Der Autor untersucht ein breites Quellenkorpus aus Literatur, Kunst, Historiographie, Weltanschauungsessayistik und politischer Publizistik - u. a. Werke von Thomas Mann, Hermann Broch, Rudolf Borchardt, Ernst Kantorowicz, Ricarda Huch, Hermann Hesse, Gertrud von le Fort, Leo Perutz und Hugo Ball.
Bastian SchlüterBastian Schlüter, geb. 1978, studierte Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie und ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Deutsche und Niederländische Philologie der FU Berlin.
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