Bereits im Frühjahr 1933 begannen bürgerliche Sportorganisationen in vorauseilendem Gehorsam mit dem Ausschluss ihrer jüdischen Mitglieder. Sportinteressierte Juden konnten sich fortan nur noch rein jüdischen Vereinen anschließen. Trotz täglicher Diskriminierungen im NS-Staat erlebten die Organisationen in den folgenden Jahren einen nominellen Aufschwung: Mitte der 1930er Jahre gehörten knapp 50.000 Juden einem Sportverein an, damit zählten die Klubs zu den mitgliederstärksten Organisationen des jüdischen Lebens in NS-Deutschland.
Die historische Forschung hat sich bis heute kaum mit diesem Aspekt der deutsch-jüdischen Gesellschaftsgeschichte auseinandergesetzt. Auf Basis zahlreicher neuer Quellenfunde arbeitet Henry Wahlig die große Bedeutung des Sports für das jüdische Alltagsleben im NS-Staat heraus. Die Ergebnisse verweisen auf ein Paradoxon: Auf der einen Seite fungierte Sport als Antreiber des gesellschaftlichen Ausgrenzungsprozesses der Juden, auf der anderen Seite wurde er zur selben Zeit innerhalb der jüdischen Gemeinschaft zu einem Eckpfeiler der Selbstbehauptung, der neue Identität und Selbstbewusstsein vermittelte.
Henry WahligHenry Wahlig, geb. 1980, studierte Neuere und Neueste Geschichte in Düsseldorf, Vancouver und Lausanne. Seit 2011 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sportwissenschaft der Universität Hannover.
Veröffentlichung u. a.: Juden im Sport während ...
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