Lulu scheint aus dem Nichts zu kommen. Ihr Wesen betört die Männer - egal, ob Arzt, Künstler oder Zuhälter - rasch so sehr, dass sie ihr verfallen und tragisch enden. Ist diese geheimnisvolle Frau deshalb so begehrt, weil jeder Mann in ihr sich selbst und sein eigenes Wunschbild lieben kann? In den Lulu-Dramen führt Frank Wedekind die Gestalt jedenfalls nicht nur bei ihrem strahlenden Aufstieg, sondern auch in ihrem Verfall vor. Sie gerät erst in die Prostitution und schließlich in die mörderischen Hände des Serienkillers Jack. Es stellt sich die Frage: Ist Lulu die männerfressende Femme fatale oder Opfer männlich geprägter Machtverhältnisse?
Mit seinem Lulu-Dramen hat Frank Wedekind eine hellsichtige Analyse der Geschlechterbeziehungen, aber auch der Wirtschafts- und Machtstrukturen seiner Zeit geschrieben, die nichts an Aktualität verloren hat. Die Lulu-Dramen »Erdgeist« und »Die Büchse der Pandora« zählen immer noch zu den bekanntesten deutsch-sprachigen Dramen und werden weltweit gespielt. Lulus Erotik und Gleichgültigkeit, Stärke und Schwäche wirken noch heute verführerisch und verstörend - auf jeden Fall faszinierend.
Andrea BartlAndrea Bartl, geb. 1968, ist Professorin für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Vize-Präsidentin der Heinrich Mann-Gesellschaft und Expertin für die Literatur der Moderne.
mehrFrank WedekindFrank Wedekind (1864–1918) gehörte mit seinen gesellschaftskritischen Theaterstücken zu den meistgespielten Dramatikern seiner Epoche. Er prangerte mit Stücken wie »Lulu« und »Frühlings Erwachen« hinlänglich schulische Dressur, bürgerliche Scheinheiligkeit ...
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