Wallstein Verlag

Unruhen und Öffentlichkeit


Städtische und ländliche Protestbewegungen im 18. Jahrhundert

Reihe: Frühneuzeit-Forschungen; Bd. 1


Mit der These, daß Unruhen des 18. Jahrhunderts zur Entstehung der modernen politischen Öffentlichkeit beigetragen haben, stellt dieses Buch die Diskussion über Öffentlichkeit und Aufklärung auf eine neue Basis.


Durch die differenzierte Analyse von elf städtischen und ländlichen Unruhen aus dem südlichen Deutschland und aus der Schweiz gelingt es, die Öffentlichkeitsdimension der Protestbewegungen im Jahrhundert vor der Französischen Revolution aufzudecken. Aufgrund seiner umfangreichen Quellenstudien in zahlreichen Archiven kann der Autor belegen, daß Konflikte durch den Einsatz von Pamphleten und anderen Druckschriften, durch politische Demonstrationen und symbolische Aktionen öffentlich ausgetragen und medienwirksam inszeniert wurden. Erstmals wird hier dokumentiert, in welch breitem Ausmaß Zeitungen und Zeitschriften in Europa über den Protest der Bürger und Bauern berichteten, ihre Forderungen kommentierten und nachdruckten: Forderungen nach der Publikation von Grundgesetzen und der Offenlegung von Steuerrechnungen, nach freiem Versammlungsrecht und vermehrter politischer Partizipation.
So sind es denn eher diese publizistisch unterstützen Unruhen als die Sozietäten, die den Beginn des politischen Räsonnements markieren. Denn schon hundert Jahre vor der Politisierung der bürgerlichen Salons und aufklärerischen Gesellschaften, die in der Forschung seit Jürgen Habermas gemeinhin als Erfinder und Träger der politischen Öffentlichkeit gelten, formulierten die Protestbewegungen öffentliche Kritik an der absolutistischen Politik, die sich an ein urteilendes Publikum richtete. Die Ziele der Unruhen nehmen zentrale Programmpunkte des politischen Liberalismus vorweg und lassen sich so mit den heftigen Debatten des frühen 19. Jahrhunderts um eine »Konstitution« verknüpfen.
Der in diesem Buch dargestellte Beitrag der Unruhen zur Entstehung der politischen Öffentlichkeit ist eine mögliche Antwort auf die von der Revoltenforschung in den letzten zwanzig Jahren diskutierte Frage nach der historischen Bedeutung des Untertanenprotests für die Moderne.

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