Die Nationalitätenstatistik veränderte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts nicht nur die Vorstellungen davon, was eine Nation sei, sondern auch Praktiken und Politiken, die sich auf diese Vorstellungen bezogen. Lag an ihrem Beginn die Idee, die offenen Fragen des deutschen Nationaldiskurses nach ethnopolitischen Zugehörigkeiten und Grenzziehungen zu beantworten, wurde sie um 1900 zur wichtigen symbolischen Ressource deutscher Nationalismen. Die Techniken des Erfassens und Kartierens übersetzten das Nationale zudem in eine schalt- und verwaltbare Tatsache staatlicher Ethnopolitik. Zusehends in den Fokus gerieten die östlichen Grenzländer des Deutschen Reichs.
Der Autor untersucht die Quantifizierung des Nationalen von den 1860er- bis in die 1940er-Jahre. Über einen Zeitraum von rund 80 Jahren suchten Statistiker nach Wegen, die ethnopolitischen Kategorien von Volk, Nation und »Rasse« in statistische Daten zu übersetzen. Zugleich wurde die Nationalitätenstatistik während des deutschen Zugriffs auf das östliche Europa in beiden Weltkriegen zu einer bevölkerungspolitischen Technologie, die ethnische »Säuberungen« nicht nur denk-, sondern auch umsetzbar machte.
Die Studie wurde mit dem Förderpreis der Gesellschaft für Geschichte der Wissenschaften, der Medizin und der Technik ausgezeichnet
Philipp KrögerPhilipp Kröger studierte Philosophie und Geschichte in Hamburg. Nach anschließender Promotion an der Universität Augsburg ist er seit Herbst 2021 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Siegen.
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