Max Mohrs letzter Roman beginnt als Tagebuch einer alten Frau, die ihren Sohn sucht. Sie lebt in einer Zeit, die von Gleichschaltung und dem »Boden der Tatsachen« bestimmt ist – unschwer ist darin der Nazi-Staat zu erkennen. Der Sohn ist untergetaucht und arbeitet gegen dieses System.
Um ihm Kraft zu geben, schildert sie ihre Kindheit Ihr Vater war Bildhauer, der einen Ort für sein Werk suchte und ihn schließlich in der weglosen Abgeschiedenheit einer Hochgebirgsschlucht fand dort entstand das Fragment eines Werks, das niemand je sehen wird. Die Frau, in Amerika aufgewachsen, läßt sich in der Nähe dieses Ortes nieder, heiratet einen Arzt, zieht Kinder groß. Der zweite Teil enthält die Antwort des Sohnes an die tote Mutter.
Max Mohr (1891-1937) stellt in diesem Roman die Frage nach der Möglichkeit künstlerischen Schaffens in einer Welt, die ihre Wurzeln verloren hat. Er durchwebt die Erzählung mit Zitaten aus dem Alten Testament, das als Bezugspunkt jedoch ebenso verloren ist wie die Natur. Der Roman ist noch vor Mohrs Emigration nach Shanghai 1934 begonnen worden, den ersten Teil schrieb er im Exil neu, 1937 jedoch starb er, ohne den zweiten Teil umgearbeitet zu haben. Max Mohrs Enkel, der Filmregisseur Nicolas Humbert (Step Across the Border, Middle Of the Moment), hat das Werk aus den nachgelassenen Manuskripten rekonstruiert und mit einer Auswahl von Briefen ergänzt, die Mohr aus Shanghai an seine Frau schrieb.
»Das Einhorn jagt und wird gejagt. Es jagt der Schöpfung immer wieder sein eigenes Leben ab, immer wieder, nach jeder Vermischung. Und wird gejagt von aller Kreatur, der nicht dasselbe glückt.«