"Der Fürst jagt bei der Verfolgung des Wildes auch dem Phantasma absoluter Macht hinterher. Emblematisch für diese Überspannung von Souveränität, in der sich Souveränität in der Frühen Neuzeit überhaupt erst konstituiert, steht die Parforcejagd."
Im Wandel vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit verändert sich das Wesen der Jagd: Die Hetzjagd ersetzt die direkte Konfrontation mit dem Tier, Jagdgebiete werden ausgeweitet und neue, aufwendige Strukturen der Hege und Machtsicherung errichtet. Keine andere herrschaftliche Praktik zeigt dabei so anschaulich wie die Jagd die Problematik absoluter Macht, den stets möglichen Umschlag von Recht in Unrecht, von legitimer in tyrannische Hegemonie. Das konkrete Wissen um die Praktiken der Jagd wie der juridische Diskurs zur Absicherung der Jagdprivilegien, die pastorale Kritik an selbstgerechten Jägern wie auch der Kameralismus eröffnen ein Feld, auf dem sich frühneuzeitliche Souveränität ausbildet, indem sie nach Techniken und Praktiken guter Herrschaft fragt.
Robert Suter arbeitet die Besonderheiten dieser Wende anhand von staatsphilosophischen und literarischen Schriften heraus. Sein Buch analysiert sowohl die Kulturtechniken der Jagd wie auch ihre Auswirkungen auf soziale, ökologische und ökonomische Bereiche des frühneuzeitlichen Gemeinwesens. In seiner Untersuchung zeigt sich, wie eine maximale Differenz zwischen Jäger und Wild entsteht, indem der Kontakt zwischen beiden auf ein Minimum reduziert wird. Diese Asymmetrie einer Macht auf Distanz ist zugleich eine Neufassung politischer Herrschaft - nicht mehr als körperliches Aufeinandertreffen, sondern als mentales Duell, das der intelligentere Akteur gewinnt. Nicht mehr Gewalt, sondern Repräsentation sichert Macht. Das ist der Grund, warum bis hin zu den Bundespräsidenten der Bundesrepublik die öffentliche Selbstdarstellung des Politikers als Jäger möglich ist.