Gegen Ende des Mittelalters begann die Ökonomik nicht mehr nur einzelne Anwesen, sondern ganze Länder als zusammenhängende Haushalte zu verstehen: ein Perspektivwechsel mit weitreichenden Folgen bis in die Gegenwart. Die mittelalterliche Lehre von Haus- und Haushaltung, fokussiert auf Fragen von Glaube und Familiengestaltung, verließ nicht nur die ihr angestammten Grenzen des herrschaftlichen Anwesens, sie füllte sich auch zusehends mit profanen Wirtschaftsthemen. Eine zentrale Rolle spielte dabei der Bergbau, einer der ersten kapitalistischen Wirtschaftszweige im Reich. Wäre es nicht zum Nutzen aller, so fragte man, wenn sich die Könige und Fürsten an der Erschließung der unterirdischen Reichtümer beteiligten? Wäre es nicht im Sinne der guten Ordnung, wenn sie die Gruben, Hüttenwerke und Bergstädte, dieses Gewimmel von Menschen und Begierden, in ihren Haushalt integrierten?
Die Studie von Andreas Friedolin Lingg führt auf eindrucksvolle Weise vor, wie eine neuartige, raumgreifende Politische Ökonomie auf den Plan trat. Nicht Endlichkeit, Statik und Zirkularität bestimmte ihr Denken, sondern die Vorstellung von prinzipiell unerschöpflichen, grenzenlos ausbeutbaren und erweiterbaren Natur- und Welthorizonten. Ihre Legitimationsformel bleibt bis heute prägend.
Andreas Friedolin LinggAndreas Friedolin Lingg ist Philosoph mit Schwerpunkt ökonomische Ideengeschichte sowie Wirtschafts- und Wissensgeschichte und wissenschaftlicher Mitarbeiter am WittenLab der Universität Witten/Herdecke.
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