Alexander Kosenina präsentiert umfassend das vergessene Genre der Gelehrtensatire. Komische wie kritische Texte aus drei Jahrhunderten spiegeln gelehrte Narren im positiven wie negativen Sinne.
»Wenn Wissenschaft Wissenschaft wird, ist nichts mehr dran«. Wie berechtigt Goethes Provokation ist, zeigt dieses Buch. Es porträtiert den Gelehrten als Antihelden. Diese in Deutschland vergessene Figur ist in Literatur und Kunst zwar seit langem ein Gegenstand von Hohn und Spott, blieb bisher aber ohne eigene Geschichte. Hier wird diese Geschichte in thematischen Längsschnitten aus einer Fülle unterschiedlichster Quellen erzählt: Die deutschsprachige Literatur der letzten drei Jahrhunderte bildet den Kern, um den sich zum Vergleich exemplarische Texte aus der europäischen Tradition gruppieren. Der gelehrte Narr gewinnt aus drei Perspektiven an Profil: geordnet nach seinem Erscheinungsbild, nach seinen Interessen und Arbeitsweisen, schließlich nach seinen Ritualen und Heimstätten. Prominente und unbekanntere Autoren, die als Schöpfer des öffentlichen Bildes vom Gelehrten zahlreich zu Wort kommen, haben gemeinsam eine wenig beachtete Gegenwelt geschaffen. In ihr wird das Stereotyp des pedantischen, weltfremden, humorlosen, langweiligen Wissenschaftlers dokumentiert und zugleich selbstironisch gebrochen.
Zu den ca. 180 behandelten Texten zählen: Lessings »Junger Gelehrter«, Wielands »Abderiten«, Jean Pauls »Katzenberger« und »Schmelzle«, Büchners »Leonce und Lena«, Flauberts »Bibliomanie«, Hauptmanns »Einsame Menschen«, Kästners »Fabian«, Canettis »Blendung«, Borges’ »Bibliothek von Babel«, Schmidts »Gelehrtenrepublik«, Bernhards »Immanuel Kant«, Lodges »Small World«, Schwanitz’ »Campus« und Henscheids »10:9 für Stroh«.
Alexander KošeninaAlexander Košenina, geb. 1963, ist Professor für deutsche Literatur (17.-19. Jh.) an der Leibniz Universität Hannover.
Veröffentlichungen im Wallstein Verlag u.a.:
Karl Philipp Moritz. Literarische Experimente auf dem Weg zum psychologischen Roman (2006); ...
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