An den Beispielen NS-Staat und DDR wird gezeigt, welche Formen öffentlicher Empörung in Diktaturen auftreten und wie Skandale zur Konsensbildung in diktatorischen Gesellschaften beitragen.
Skandale sind ein Ausdruck der Moderne. Sie mobilisieren auf dem Weg der sozialen Empörung die Macht der Massen; sie besitzen polemische Stoßkraft gegen Eliten, Machthaber und Establishment. Vor allem sind sie in ihrer Entfaltung auf Öffentlichkeit angewiesen; plebiszitäre Zwangsherrschaften kennen nach gängiger Meinung keine Skandale. Die Beiträge dieses Bandes zeigen, wie unbegründet diese Auffassung ist: Auch die beiden deutschen Diktaturen des 20. Jahrhunderts produzierten Skandale. Mehr noch: Im Skandal als dem systemwidrigen Unfall treten die Mechanismen der diktatorischen Konsensbildung zutage - und ihre Grenzen.
aus dem Inhalt:
Martin Sabrow: Skandal und Öffentlichkeit in der Diktatur
Sven Reichardt / Susanne zur Nieden: Zur Funktionalisierung der Homosexualität von Ernst Röhm
Frank Bajohr: Korruptionsaffären im Nationalsozialismus
Christiane Kuller/Axel Drecoll: Reaktionen auf die wirtschaftliche Ausplünderung der deutschen Juden
Winfried Süß: Bischof von Galen, der katholische Protest gegen die »Euthanasie« und der Stopp der »Aktion T4«
Armin Nolzen: Der Heß-Flug vom 10. Mai 1941
Bernd Florath:
Herausforderung der SED durch Robert Havemann
Thomas Lindenberger: Skandal in der staatssozialistischen Diktatur
Stefan Wolle: Die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann
Martin Sabrow: Zum Formenwandel öffentlicher Empörung in der späten DDR
Martin SabrowMartin Sabrow, geb. 1954, emeritierter Professor für Neueste und Zeitgeschichte an der Humboldt Universität Berlin sowie von 2004 bis 2021 Direktor des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam.
Veröffentlichungen u. a.: Zeitgeschichte schreiben. ...
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