Der tschechische Künstler Jirí Kolár (1914-2002) gehört zu den bedeutendsten Vertretern der mitteleuropäischen Literatur- und Kunstgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. International bekannt wurde er in den 60er Jahren durch ungewöhnliche Collagen und Assemblagen, die verschiedenste Materialien, vor allem aber Bild und Text kombinieren. Sie gehören zu einem Oeuvre von ungewöhnlich breiter Formenvielfalt, das einen außerordentlich originellen Beitrag zur visuellen Poesie darstellt.
Erstmals werden hier alle diese Gattungen in ihrer entwicklungsgeschichtlichen Stellung, Struktur und Bedeutung mit einem neuartigen interdisziplinären Ansatz untersucht. Die Verwandlung verbaler in bildliche Ausdrucksformen erweist sich als angemessene Reaktion auf die politische Situation des Kommunismus stalinistischer Prägung.
Kolár gab mit dem Verzicht auf das Wort ein Vorbild künstlerischen Schaffens aus ethischer Verantwortung. Mit einer konzeptuellen nichtsprachlichen Dichtung gelangte er zu Innovationen, die denen vergleichbarer Kunstströmungen im Westen vorausgingen. So wird der Blick auf die Geschichte der Kunst und Literatur der Moderne, der immer noch einseitig westlich geprägt ist, in einem wesentlichen Bereich korrigiert.
Ein umfangreicher Übersetzungsapparat bietet auch Nichtslawisten einen umfassenden Einblick in ein bisher unerschlossenes Oeuvre.
Astrid WinterAstrid Winter ist Dozentin für Tschechisch und Komparatistik an der Universität Göttingen. Sie studierte Slawistik, Germanistik, Pädagogik und Kunstgeschichte in Göttingen, Prag und Brünn und wurde 2004 promoviert.
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