Eine Herbstnacht in einer Großstadt – es könnte Berlin sein – in den 1920er-Jahren: Erik-Ernst Schwabachs Protagonisten haben eines gemeinsam. Sie alle sind in dieser Nacht auf der Suche nach Anerkennung, Liebe, Sex, gesellschaftlichem Aufstieg und natürlich Geld: der junge, frisch verheiratete Arzt, der auf einer Gesellschaft in einer Bankiersvilla beinahe zu einem Seitensprung verführt wird; der mittellose Arbeiter, der sich zur Mitwirkung an einem Einbruch überreden lässt; die Hausfrau, die ohne Wissen ihres Mannes anschaffen geht; die Barmädchen im Café Budapest oder in der Kolibri Bar; die Bordellbesitzerin, die als »Baronin« firmiert; die Schauspielerin und der aufstrebende Dichter. Was und wie Ihnen geschieht, erzählt Schwabach in kunstvoll mal mehr, mal weniger lose miteinander verknüpften Episoden.
Das »Bilderbuch einer Nacht« kann sich durchaus messen mit den bekannten Großstadtromanen eines John Dos Passos oder Alfred Döblin. Mit knappen markanten Sätzen, oft im inneren Monolog gehalten und mit Einschüben, Gedankensplittern und kurzen stakkatohaften Beschreibungen versetzt, oszilliert der Roman zwischen Expressionismus und magischem Realismus. Virtuos spielend mit all den Klischees der 20er Jahre schafft Schwabach eine Atmosphäre, der man sich nicht entziehen kann.
Erik-Ernst SchwabachDer Familie Schwabach gehörte bis in die 1930er Jahre hinein die Berliner Bank S. Bleichröder, bis sie unter dem Druck der Nationalsozialisten schließen musste. Erik-Ernst Schwabach (1891 – 1938) verweigerte sich einer Karriere als Bankier und wurde Verleger, ...
mehrPeter WidlokPeter Widlok hat 2017 die Biografie über Schwabach geschrieben: »Erik-Ernst Schwabach (1891 – 1938). Verleger, Autor, Mäzen des Expressionismus«. Er ist Journalist und Literaturwissenschaftler.
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