Der Abgesang auf Epochen ist in den Geisteswissenschaften seit längerem unüberhörbar: zu konstruiert, zugleich zu naiv, in einer Zeit ständiger Beschleunigung altbacken, in der Unermesslichkeit des ›Anthropozäns‹ obsolet. Gleichwohl herrscht in den Wissenschaften ebensowenig ein Mangel an aufgefrischten oder neuen Epochensetzungen wie im öffentlichen Diskurs, wo Zäsuren beobachtet, behauptet oder herbeigewünscht werden, um politische Ziele zu erreichen. Beispiele sind die jüngste Ausrufung einer ›Zeitenwende‹ wie andere, ältere Setzungen von ›Wenden‹, die mal mehr, mal weniger plausibel erscheinen. Dazu zählen die Wende von 1989 – zumal im Kontrast mit der Formel von der ›geistig-moralischen Wende‹ der BRD ein knappes Jahrzehnt davor –, oder die Verkehrs-, Energie- oder Klimawenden in den vergangenen Jahren.
Die Autorinnen und Autoren untersuchen aus interdisziplinärer Perspektive und unter Einbezug globalgeschichtlicher Fragestellungen den heutigen Umgang mit dem Konstrukt ›Epoche‹. Sie gehen dabei auch der Vermutung nach, dass die neueren Konjunkturen der Epochenbildung auf eine Veränderung im Denken darüber zurückzuführen sind, was es heißt, Epochen zu setzen, und zu welchen Zwecken dies geschieht.
Barbara PichtBarbara Picht ist seit 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin und seit 2020 Privatdozentin an der Europa-Universität Viadrina. Gemeinsam mit Ernst Müller und Falko Schmieder gibt sie das Online-Lexikon ...
mehrHenning TrüperHenning Trüper ist seit 2025 Professor für Ideengeschichte an der Universität Oslo und war seit 2019 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung tätig. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Geschichte ...
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