Dokumente und Geschichten um die spektakulären Versuche Ernst Machs und Peter Salchers zu Überschallvorgängen. Die 1887 veröffentlichten Momentfotografien faszinieren nach wie vor und werden heute immer wieder reproduziert.
Schneller als der Schall fliegen die Geschosse auf den Momentfotografien, die 1887 der österreichische Physiker Ernst Mach und sein Kollege Peter Salcher veröffentlichen. Bis heute immer wieder reproduziert, sind sie die Zeugnisse einer spektakulären Versuchsserie, mit der überschallschnelle Bewegungen und Strömungen zu einem eigenem physikalischen Wissen werden. Das vorliegende Buch durchdringt diese neu entstandene Welt jenseits von ‘Mach 1’, wie sie ihrem ersten Erforscher zu Ehren bezeichnet wird, von zwei Seiten her.
Im ersten Teil des Buches wird in einer Reihe von Dokumenten die Entstehung dieses neuen Wissens von Überschallvorgängen ausführlich dargestellt. Ihr Kernstück bilden faksimilierte, transkribierte und mit einem Realien-Kommentar versehene Passagen aus einem Notizbuch Machs, das die Erscheinungen auf den Geschoßfotografien alphabetisch-mathematisch bearbeitet. Diesen Aufzeichungen, mit denen zum ersten Mal exemplarisch ein wichtiges Stück von Machs Arbeits- und Denkweise ediert wird, stellen die Herausgeber eine Analyse des komplexen Experimentierprozesses und seiner Medien zur Seite. Den Abschluß dieses Dokumenten-Teils bildet der Abdruck des klassisch gewordenen Aufsatzes von 1887, in dem Mach/Salcher Experimente und Theorie der beschriebenen Vorgänge präsentieren.
Der zweite Teil des Buches versammelt medien-, wissenschafts- und kunsthistorische Arbeiten, mit denen verschiedene Autorinnen und Autoren die Vor- und Nachgeschichten des Mach/Salcherschen Experiments aufspannen. Die Beiträge führen von der Geschichte des Schalls über Medien der Physik, wie Wasser und Luft, auf technische Schnittstellen: elektrische Funken und Fotografie. Sie öffnen den Raum kultureller Verflechtungen der Mach/Salcherschen Fotografien und suchen nach dem Punkt, an dem ein Experiment des 19. Jahrhunderts technische Episteme des 20. Jahrhunderts wird: in der Raketenentwicklung, im Durchbruch durch die mythische Größe ‘Schallmauer’ und dem ersten bemannten Flug jenseits Mach 1 im Oktober 1947.
Experimentelle Urszene und epistemologische Weiterungen dieses faszinierenden Stücks Wissensgeschichte werden flankiert von einem Vorwort des Wissenschaftshistorikers Hans-Jörg Rheinberger und einem Nachwort des Literaturwissenschaftlers Anselm Haverkamp.
Zur Reihe:
Die Wissenschaftsgeschichte verstand sich lange Zeit als eine Art Gedächtnis der Wissenschaften. Heute sucht sie ihren Platz in der Kulturgeschichte und sieht ihre Aufgabe nicht zuletzt darin, Brücken zwischen den Naturwissenschaften und den Geisteswissenschaften zu bauen. Die Formen, in denen dies geschieht, sind keineswegs ausgemacht. Sie sind Gegenstand eines großen, gegenwärtig im Gange befindlichen Experiments. Die historische Einbettung der wissenschaftlichen Erkenntnis, der Blick auf die materielle Kultur der Wissenschaften, auf ihre Objekte und auf die Räume ihrer Darstellung verlangt nach neuen Formen der Reflexion, des Erzählens und der Präsentation. Die von Michael Hagner und Hans-Jörg Rheinberger herausgegebene Reihe »Wissenschaftsgeschichte« versteht sich als ein Forum, auf dem solche Versuche vorgestellt werden.
Peter BerzPeter Berz, geb. 1959 in Augsburg, studierte Philosophie und Germanistik in Wien, Freiburg und Hamburg. Arbeiten zu Robert Musil, zum Ersten Weltkrieg und seinen Techniken, zur Geschichte des Deutschen Instituts für Normung. Promotion über maschinentechnische ...
mehrChristoph HoffmannChristoph Hoffmann, geb. 1963, studierte Germanistik und Geschichte, 1995 promovierte er mit einer Arbeit zu den Schriften Robert Musils. Von 1996 bis 1998 war er Postdoc am DFG-Graduiertenkolleg an der Europa-Universität Frankfurt / Oder, und arbeitet ...
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