Ikonen stellen eine ideale Projektionsfläche dar, die erlaubt, jeden gewünschten Inhalt zu transportieren. In ihnen bündeln sich kulturell differenzierte Strategien zeitgenössischer Bildrhetorik. In der Tradition von Aby Warburg und Erwin Panofsky wurden deshalb kultur- und geistesgeschichtliche Hintergründe zusammengestellt, die sowohl für die Mechanismen von Bildübertragung als auch für ihre Kommerzialisierung sensibilisieren. An die Stelle der überkommenen Struktur von Zentrum und Peripherie tritt langsam ein Netzwerk, das einen Dialog in Gleichberechtigung und Vielfalt bei aller Verschiedenheiten der Kulturen einfordert. Die Bedeutung nicht-westlicher Künstler und ihrer Bilder wächst. Sie sind in ihren Konnotationen selten einfach zu lesen und bedürfen der Übersetzung. Eine globale Weltanschauung, die unterschiedliche Zeit- und Raumstrukturen negiert, wäre sinnlos.
Der Austausch zwischen den Künsten entwickelt sich erstaunlich differenziert, was zuerst an den weltweiten theoretischen Reflexionen abzulesen ist. Lange vor den aktuellen Diskussionen über non-lineare Systeme in den Naturwissenschaften entdeckten die Künstler diese Metapher. Es scheint, als ob der globale »Ort« auch die Akteure neu definiere und Respekt für die Unterschiede einfordere.
Lydia HausteinLydia Haustein ist Kunsthistorikerin und unterrichtet an der Freien Universität Berlin und an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee.
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