Tagebücher von Gegnern des Nationalsozialismus aus der Zeit des Exils sind eine Seltenheit. Deshalb ist es ein Glücksfall, dass die Tagebücher von Alfred Kantorowicz aus den Jahren 1935 bis 1939 erhalten blieben und in diesem Buch erstmals veröffentlicht werden können.
Im März 1933 floh der Schriftsteller und Journalist Alfred Kantorowicz aus Berlin über die Schweiz nach Frankreich. Für ihn begannen damit lange, gefahrvolle und entbehrungsreiche Jahre des Exils, deren Not er regelmäßig in seinem Tagebuch festhielt. Die Aufzeichnungen von April 1935 bis September 1939 werden in dieser Edition vollständig wiedergegeben, versehen mit ausführlichen Kommentaren, die Kantorowicz’ Ausführungen vor ihrem zeitgeschichtlichen Hintergrund verständlich
werden lassen.
Der Leser erhält auf diese Weise ein authentisches Bild der politischen und schriftstellerischen Arbeit des Verfassers unter den schwierigen Bedingungen des Exils.
Seit 1931 Mitglied der KPD, engagierte sich Kantorowicz auch in Frankreich für die Partei und arbeitete in ständiger Auseinandersetzung mit ihren starren Richtlinien am Aufbau
einer breiten Abwehrfront der vertriebenen Schriftsteller gegen den Nationalsozialismus, immer darum bemüht, im einengenden Parteigefüge seine rolle als Intellektueller zu behaupten. Anders als in früheren Veröffentlichungen des Autors tritt in diesem Buch seine persönliche Erfahrung als Kommunist, Jude und Flüchtling in den Vordergrund. Der Alltag im Exil wird deutlich. Der zähe Kampf um politischen und
geistigen Einfluß, das Leiden unter fremden politischen Entscheidungen. Mit der Einweisung in ein Internierungslager am 7. September 1939 endet die Edition der Tagebücher.
LeseprobeUrsula BüttnerUrsula Büttner, geb. 1946, war bis 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin und Professorin an der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg. Zahlreiche Veröffentlichungen zur deutschen und hamburgischen Geschichte im 20. Jahrhundert, insbesondere auch ...
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