Der erste Jahrgang der »Frankfurter gelehrten Anzeigen« brachte einen neuen Ton in das zeitgenössische Rezensionswesen. Maßgeblich beteiligt an der Gründung war Johann Heinrich Merck, der auch die Schriftleitung übernahm. Mercks Besprechungen und Nachrichten erschienen anonym, zeitweilig bis etwa zur Hälfte wurden sie Merck ganz oder anteilig zugeschrieben. Trotz großer argumentativer Anstrengungen bleibt die Verfasserschaft etlicher Texte ungeklärt. Dass der junge Goethe sich unter Mercks Obhut im kritischen Fach versuchte, hat die Forschung in hohem Maße aufgerufen. Merck setzte das Rezensionsgeschäft in der »Allgemeinen deutschen Bibliothek« und im »Teutschen Merkur« fort, viele Themen seiner späteren Schriften nahmen hier ihren Anfang.
Band 2 der »Gesammelten Schriften« Mercks nehmen die »Frankfurter gelehrten Anzeigen vom Jahr 1772« ein. Etwa die Hälfte der rund 430 Rezensionen werden ganz oder anteilig Merck zugeschrieben, der zudem die Schriftleitung innehatte. Zum ersten Mal erscheint der komplette Jahrgang in moderner Typographie. Der Kommentar bietet eine umfassende Erläuterung der Rezensionen, dokumentiert die Zu- und Abschreibungen und weist die besprochenen Werke und Kupferstiche nach. Deren Auswahl fügt sich zu einem repräsentativen Bild des intellektuellen Feldes an der Nahtstelle zwischen Aufklärung und Geniezeitalter und macht den Band über Mercks Anteil hinaus zu einem wesentlichen Zeugnis der deutschen Literaturgeschichte.
Ulrike LeuschnerUlrike Leuschner ist Literaturwissenschaftlerin in Darmstadt. Sie studierte Germanistik und Philosophie in Würzburg und promovierte mit einer Edition von Maler Müllers »Dramatisirtem Faust« (1996).
Veröffentlichungen u. a.:
Johann Heinrich Merck: Gesammelte ...
mehrJohann Heinrich MerckJohann Heinrich Merck (1741 -1791) war Kriegsrat in Darmstadt und als Kunst-, Literatur- und Wissenschaftskenner publizistisch tätig.
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