Wallstein Verlag

Bei betagten Schiffen


Islands »Atomdichter«

Zusammengestellt von Eysteinn Þorvaldsson & Wolfgang Schiffer. Redaktion: Johann P. Tammen

Reihe: die horen. Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik; Bd. 242, 56. Jahrgang


Die 1955 gegründete Vierteljahresschrift wurde in Anknüpfung an die von Friedrich Schiller herausgegebene Monatsschrift benannt und widmet sich »ohne Scheuklappen und unabhängig von Moden« (WDR) allen Aspekten zeitgenössischer Literatur.


»Ich schlief und ich hörte / ... alles ist anders ...«

Der Debattenlärm war zu Anfang der 50er Jahre groß in Island: Der Kampf der Traditionalisten gegen eine Gruppe junger Dichter, alsbald mit dem Spottwort »Atomdichter« belegt, wurde über Jahre, Jahrzehnte nicht nur unter den Poeten allein in klingenscharfer, denunziatorisch zugespitzter Rhetorik ausgefochten. Früh mischten sich Exponenten aller Bevölkerungsschichten in diesen Kulturstreit ein. Da kamen vormalige
Minister zu Wort, hochkarätig kompetente Professoren, Sprachwissenschaftler, Bibliotheksdirektoren, Rundfunkredakteure, Politiker aller Coleur und Kritiker sowieso stürmten die Leserbrief-Redaktionen, Sender und öffentlichen Podien: Ein Land stand Kopf - und es wurde nicht weniger befürchtet als der Untergang einer mehr als ein Jahrtausend Jahre alten Kultur und die Zerrüttung aller Werte einer in Sitte gefestigten Nation.

Doch die so attackierten Jungdichter - unter Bezugnahme auf eine Spottfigur in Laxness` Roman »Atomstation« als »Atomdichter« diskreditiert - traten nicht wehrlos auf den Plan: »Über die traditionellen Mittel der Lyrik, Alliteration und Reim, zerbrechen sich die jungen Dichter vielleicht mehr den Kopf, als die, die am lautesten von einer Entweihung isländischer Dichtkunst schwadronieren, wahrhaben möchten«, konterte Sigfús Daðason in seinem Großessay »Zur Verteidigung der Dichtung« 1952. Für ihn galt uneingeschränkt das Faktum: »Wir haben aus den abenteuerlichen Fortschritten der europäischen Lyrik keinen Nutzen gezogen.«

Die Zeitschrift wurde mehrmals ausgezeichnet:
Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik (1980 und 1988)
Karl-Heinz Zillmer-Preis der Hamburgischen Kulturstiftung (1998)
Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen (2008)
Niedersächsischer Verlagspreis (2011)

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Jürgen Krätzer

Jürgen Krätzer (1959-2019). Seit 2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Germanistischen Institut der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Gastdozenturen am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Publikationen in verschiedenen Bereichen, Schwerpunkt ...

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Johann P. Tammen

Johann P. Tammen, geb. 1944, studierte Germanistik, Geschichte und Sozialwissenschaften. Arbeit in der Redaktion des »Stern« und in verschiedenen Verlagen. Seit 1970 arbeitete er in der Zeitschrift »die horen« mit; von 1994 bis 2011 war er ihr Herausgeber. ...

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