Die wirkungsmächtigste Bestimmung der Klassik und zugleich ein zentrales Element des Klassizismus liegen in der Ausrichtung auf Form, Linie und Gestalt. Komplementär dazu erweist sich die Abwertung oder auch Ablehnung von Farbe und Farbigkeit als Charakteristikum klassizistischer Programmatik. Bis heute werden diese Kriterien als wichtige Merkmale des Klassischen betrachtet. Insbesondere gilt dies für das Ideal reiner Marmorweiße, das seinerzeit auch infolge der Schriften Johann Joachim Winckelmanns zunächst nicht in Frage gestellt wurde, obwohl Winckelmann selbst durchaus um die Farbigkeit in der Antike wusste, wie damals nicht zuletzt die Ausgrabungen in Herculaneum und Pompeji zeigten. Diesen Positionen stehen zwei signifikante Beobachtungen gegenüber: Einerseits wandelte sich um 1800 das Bild der Antike gerade im Hinblick auf chromatische Fragen, andererseits beeinflussten Transformationen von Farbwissen und Farbauffassung die künstlerische Praxis und die Lebenswelt in vielfältiger Weise. Und nicht zuletzt machte Goethe in seiner »Farbenlehre« die Farbe zum Zentrum einer umfassenden wissenschaftlichen Untersuchung, die er mit kaum weniger Aufwand betrieb als die Arbeit an seinem »Faust«.
Der Band versammelt Beiträge, die gegen das gängige Bild eines betont unbunten Klassizismus die Bedeutung der Farbe als Material und Diskurselement, als ästhetischer Wert und wissenschaftlicher Gegenstand für die Zeit um 1800 herausarbeiten. Ziel ist es, Reichtum und sinnliche Vitalität eines bunten Klassizismus wieder erkennbar werden zu lassen.
Martin DönikeMartin Dönike, geb. 1970, studierte Neuere deutsche Literatur, Kunstgeschichte und Philosophie. Promotion 2002 mit einer Studie über die Ästhetik des Weimarer Klassizismus. 2002-2004 Mitarbeit bei der kommentierten Ausgabe der Frankfurter Nachlaßhefte ...
mehrJutta Müller-TammJutta Müller-Tamm, geb. 1963, studierte Germanistik, Philosophie, Kunstgeschichte, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften in Heidelberg und Frankfurt/M. (1982-1990). 1994 erfolgte die Promotion, 2003 die Habilitation. Wissenschaftliche Mitarbeiterin ...
mehrFriedrich SteinleFriedrich Steinle, geb. 1957, studierte Physik, Geschichte und Philosophie der Naturwissenschaften. Promotion 1990 zur Geschichte der Newtonschen Mechanik, Habilitation 2000 zur Forschungspraxis im frühen Elektromagnetismus. Seit 2009 Professor an der ...
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