Angesichts komplexer globaler Verflechtungen haben derzeit vereinfachende Welterklärungen Hochkonjunktur. Die Kommunikationsmedien verändern sich radikal und dabei avanciert Nationalismus zum Massenphänomen: Diese höchst aktuellen Phänomene begleiteten bereits den kolonialistisch geprägten Globalisierungsschub um 1900. Maren Jung-Diestelmeier untersucht mit der Bildpostkarte ein damals neues Medium und beleuchtet das Zusammenwirken von Bildproduktion, wachsender medialer Teilhabe und der Entwicklung visueller Stereotype und Feindbilder.
Ab 1899 ermöglichten Postkarten erstmals breiten Bevölkerungsschichten eine bildgestützte Kommunikation über das Weltgeschehen. Die Auseinandersetzung mit dem Vorbild und Rivalen England dominierte deutsche Postkartenbilder und wurde zum zentralen Faktor kollektiver Gemeinschaftskonstruktion. Das Medium standardisierte und popularisierte antienglische Bildstereotype massenhaft. Dieser Prozess verlief keinesfalls ungebrochen und widerspruchsfrei. Gerade in seiner Ambivalenz erweist er sich aber als zentrale Voraussetzung für die Anschlussfähigkeit antienglischer Kriegsfeindbilder 1914 und prägte den deutschen Nationalismus über 1918 hinaus.
Maren Jung-DiestelmeierMaren Jung-Diestelmeier, geb. 1981, Studium der Geschichte, Erziehungswissenschaften und Museumspädagogik in Berlin. Als Historikerin arbeitet sie an Ausstellungskonzeptionen für das Zentrum für Antisemitismusforschung (TU Berlin) und das Museum Pankow. ...
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