Die Internationale Handelskammer (ICC) verdankt ihre Gründung 1919 dem Ziel, der Privatwirtschaft auf internationaler Ebene eine eigene Stimme zu geben. So gelang es der ICC zwar die Praxis des europäischen, transatlantischen und globalen Wirtschaftsverkehrs bis heute entscheidend mitzugestalten, weniger erfolgreich war sie dagegen mit ihrem Anspruch, die Wirtschaft als gleichberechtigten Partner der internationalen Politik zu etablieren. Dazu profilierte sie sich anfangs als Protagonistin von Business Statesmanship, dem Ur-Konzept von Unternehmensverantwortung, dessen Kernidee darin bestand, kurzfristige Unternehmensinteressen stets auf ihre Folgen für den langfristigen Erhalt einer liberalen Gesellschaft zu prüfen. Susanne Spiliotis zeigt, wie sich dieser Ansatz der Wirtschaft im 20. Jahrhundert rhetorisch entfaltete und wieder verschwand, in welcher Weise er geopolitische und weltwirtschaftliche Veränderungen reflektierte und auf tiefe Prozesse wie De-Kolonisierung und Re-Globalisierung reagierte und welche Fragen Wirtschaft als historischer Akteur noch heute aufwirft. Es lohnt sich, die Zeit der Wirtschaft neu zu denken.
Susanne Sophia SpiliotisSusanne Sophia Spiliotis lehrt als Privatdozentin europäische Kultur- und Gesellschaftsgeschichte an der Universität Leipzig und arbeitet als freiberufliche Redenschreiberin in Berlin. Sie war Forschungsleiterin der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft ...
mehr