Unfreiheit, Leibeigenschaft, Hörigkeit, Sklaverei, Knechtschaft (und ihre Äquivalente in anderen Sprachen) sind seit ihrem Aufkommen nicht nur wirkmächtige Fahnenwörter im modernen Freiheitsdiskurs gewesen und bis heute geblieben, sondern auch Schlüsselbegriffe der sozialhistorischen Forschung und Darstellung über die Vormoderne. Im Zuge der endlosen Debatten um ihre Angemessenheit und Reichweite ist immer wieder betont worden, dass sie, wie abstrakte Deckadressen, dem besseren Verständnis der sachlich und regional extrem unterschiedlichen Abhängigkeiten, Daseinsbeschränkungen und Herabsetzungen sowie deren Ursachen im Wege stünden.
Ludolf Kuchenbuch nimmt diesen Einwand ernst und versucht eine neuartige Lösung. Es geht ihm um die Aufdeckung zeitgenössischer serviler Ausdruckskonventionen durch semantische Analysen (Leitnomina, Wortfelder, Syntagmen, Standardsätze). Auf der Basis langjähriger eigener und der internationalen Forschung zur Sklaverei und Servilität untersucht er exemplarische Situationen im poströmischen Okzident, regionale Phänomene der Francia media und Schlüsselwörter der Servitus (400-1100). So entstehen Figurationen einer realitätsnahen servilen Sprache unterhalb der zentralperspektivischen Abstraktionen der modernisierenden Forschung, die neue Folgerungen über Trends der anschließenden Zeiten erlauben.
Ludolf KuchenbuchLudolf Kuchenbuch, geb. 1939, ist seit 2004 emeritierter Historiker der FernUniversität in Hagen (Arbeitsbereich »Ältere Geschichte« ab 1985). Er lebt in Berlin.
Veröffentlichungen u.a.: Marx, feudal. Beiträge zur Gegenwart des Feudalismus in der Geschichtswissenschaft, ...
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