Eine besondere Chance für die anthropologische und historische Forschung bieten persönlich identifizierte Skelette. Im Jahr 2015 wurden an der Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel bei Ausgrabungen 80 Gräber aus der Zeit von 1650 bis etwa 1750 entdeckt. Bei den Verstorbenen handelte es sich um Angehörige der städtischen Oberschicht, darunter Hofbedienstete, Kaufleute und Bürgermeister mit ihren Familien. Im Rahmen eines Pro*Niedersachsen-Projekts wurden umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen der Fundstätte möglich, im Zuge derer sich 83 % der Individuen identifizieren ließen.
Während naturwissenschaftliche Analysen zahlreiche Aussagen zur biologischen Lebensgeschichte der Verstorbenen, zu Ernährung, Krankheiten und Verwandtschaft lieferten, konnten aus in der Abteilung Wolfenbüttel des Niedersächsischen Landesarchivs bewahrten Quellen ergänzend individuelle biografische Informationen ermittelt werden, unter anderem zu Wohnverhältnissen, Familienleben, Besitz, Beziehungen und Netzwerken, Berufsalltag sowie sozialer und regionaler Mobilität. Durch die Kombination beider Disziplinen ließen sich die frühneuzeitlichen Lebensverhältnisse in bisher ungeahnter Tiefe rekonstruieren.
Bettina JungklausBettina Jungklaus, geb. 1965, ist als freiberufliche Osteoanthropologin im gesamten Bundesgebiet tätig. Nach einem Studium der Biologie an der Freien Universität in Berlin wirkte sie an etlichen Forschungsprojekten mit. Unter anderem war sie an der Analyse ...
mehrSilke Wagener-FimpelSilke Wagener-Fimpel, geb. 1966, studierte Geschichte, Germanistik, Pädagogik und Soziologie in Göttingen. Nach der Promotion, einem Lehrauftrag und dem Archivreferendariat in Osnabrück und Marburg ist sie als Historikerin und Archivoberrätin im Niedersächsischen ...
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