Wissenschaftliche Schreibführer gibt es genug - in mittlerweile kaum noch zu überblickender Zahl. Die meisten richten sich an Studienanfänger und verstehen sich explizit als Lehrbücher. Sie legen gewöhnlich großen Wert auf Formales (auf die korrekte Benutzung der wissenschaftlichen Hilfsmittel, korrektes Zitieren usw.) und bemühen sich, die wissenschaftlichen Konventionen der unterschiedlichen Fachdisziplinen möglichst genau abzubilden. Die Deformationen der Wissenschaftssprache und die einigermaßen bizarren Phänomene, die diese disziplinären Schreibregeln ebenfalls erzeugen, kommen in ihnen nicht vor.
Valentin Groebner interessiert sich dagegen dafür, was die Wissenschaftler tatsächlich mit der Sprache anstellen. Wissenschaftliches Schreiben findet nun einmal nicht in den luftigen Räumen der Konzepte und Theorien statt, sondern buchstäblich unter Druck, zwischen administrativen Vorgaben, Aktualitätsbemühen und unausgesprochenen Spielregeln unter Kollegen - und heute, am Beginn des 21. Jahrhunderts, in einer digital verflüssigten Publikationslandschaft mit unklaren Haltbarkeitsdaten. Wissenschaftssprache ist deswegen kein Lehrbuch, sondern ein Essay in praktischer Absicht. Entstanden ist er aus langen Erfahrungen mit und in Schreibwerkstätten. Die »Gebrauchsanweisung« im Untertitel ist wörtlich gemeint. Um wissenschaftliches Schreiben in der Wirklichkeit geht es: um Reputationsgemeinschaften, disziplinäre Sprachregelungen und magische Anrufungen der Schutzpatrone ebenso wie um Theorieblasen, Fußnotenzäune und Begriffsdrachen, plus einer kleinen Checkliste in Sachen Lesbarkeit. Ein Versuch in akademischer Selbstaufklärung also: Für wie begriffsstutzig - oder gescheit - hält man die eigenen Leserinnen und Leser eigentlich?
Valentin GroebnerValentin Groebner ist Professor für Geschichte mit Schwerpunkt Mittelalter und Renaissance an der Universität Luzern. Er hat zahlreiche Bücher zur Kultur- und Wissenschaftsgeschichte vorgelegt. Bei KUP erschienen Ferienmüde. Als das Reisen nicht mehr ...
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