Juristische und kulturwissenschaftliche Untersuchungen zum Phänomen der Multireligiosität in einer zunehmend pluralistischen Gesellschaft.
Aufgrund starker Einwanderung aus Ländern der Dritten Welt, sowie aufgrund der seit den 1960er Jahren progressiven Säkularisierung haben sich die religiösen Verhältnisse in allen europäischen Ländern grundlegend verändert. Das traditionelle Monopol der christlichen Kirchen ist in Frage gestellt. Zugleich gilt es, neue Formen interreligiöser Toleranz zu finden und zu erproben. Die Beiträge dieses Bands widmen sich dieser Thematik aus kulturgeschichtlichen und juristischen Perspektiven. Sie werden ergänzt durch Beiträge über vergleichbare Problemlagen in den USA, in Indien und in Indonesien.
Inhalt:
Hartmut Lehmann: Historische Ursachen der Multireligiosität in Europa am Beginn des 21. Jahrhunderts
Barbara Dölemeyer: Rechte religiöser Minderheiten in Deutschland und Frankreich in historischer Sicht
Christian Walter: Säkularisierung des Staates - Individualisierung der Religion
Überlegungen zum Verhältnis von institutionellem Staatskirchenrecht und dem Grundrecht der Religionsfreiheit
Thilo Marauhn: Grundrechtlicher Schutz vor religiöser Macht? Überlegungen zu den Grenzen der korporativen Religionsfreiheit
Joachim A. Frowein: Art. 9 EMRK in der Rechtsprechung der Straßburger Organe
Konstanze Jarvers: Zum Tabestand der Verunglimpfung der Staatsreligion (Art. 402 it. StGB) Eine Entscheidung des italienischen Verfassungsgerichts
und ihre Hintergründe
Lothar Krappmann: Lebenskunde - Ethik - Religionskunde (LER).
Mehr als ein regionales Bildungskonzept?
Werner Schiffauer: Die Debatten um den islamischen Religionsunterricht: Zur Rolle von Religion in der deutschen politischen Kultur
Silvia Tellenbach: Muslime im deutschen Strafvollzug
Hans G. Kippenberg u. Kocku von Stuckrad: Religionswissenschaftliche Überlegungen zum religiösen Pluralismus in Deutschland: Eine Öffnung der Perspektiven
Hermann Wellenreuther: Genese der Multikonfessionalität in Nordamerika, 1607-1830
Dietmar Rothermund: Multireligiosität in Indien
Bernhard Dahm: Multireligiosität in Indonesien
Eileen Barker: Rights and Wrongs of New Forms of Religiosity in Europe: Problems of Pluralism in Europe at the Beginning of the 21st Century
Zur Reihe:
Um die Bedeutung von Religion im postaufklärerischen Europa zu erfassen und zu begreifen, werden in der neueren Forschungsliteratur drei Deutungsmuster angeboten: Zunächst, es handele sich um einen umfassenden, irreversiblen Prozeß der Säkularisierung. Dann: wir hätten es mit Transformationen des Religiösen, aber nicht eigentlich mit einer Abschwächung des Religiösen zu tun, wobei sich im Hinblick auf eine Einschätzung der »Politischen Religionen« des 20. Jahrhunderts von einer Rückkehr der Religionen auszugehen. All diesen Thesen liegen einerseits die Annahme starker Auswirkungen des europäischen Modernisierungsprozesses auf alle außereuropäischen Gesellschaften, andererseits das Postulat einer Sonderentwicklung
Europas gerade im Bereich des Religiösen zugrunde. Die neue Reihe versteht sich - in Form von Spezialstudien - als Beitrag zu einer europäischen Religionsgeschichte im Zeitalter der Säkularisierung.
Hartmut LehmannHartmut Lehmann, geb. 1936, ist Historiker. Er war Gründungsdirektor des Deutschen Historischen Instituts in Washington, DC, und bis 2004 Direktor am Max-Planck-Institut für Geschichte in Göttingen.
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